Gemeinschaftswohnformen – dieser Beschluss der Stadtregierung könnte zur größten Privatisierungsoffensive von Innsbrucker Wohnraum werden – und die linken Parteien in Innsbruck applaudieren dazu

Gemeinderätin Mag.a Christine Oppitz-Plörer

Unter dem allgemeinen und klingenden „Wellfeel-Titel“ „Gemeinschaftswohnformen“ hat die Stadtregierung im Oktober dem Gemeinderat vielen Sand in die Augen gestreut. Die Alternative Liste lobte das Projekt noch in den höchsten Tönen – ohne offenbar den Hintergrund zu kennen.

Unklare Zielrichtung und widersprüchliche Aussagen

Nach der Diskussion im Gemeinderat hat sich bestätigt, was schon zuvor befürchtet wurde: Die Stadtregierung ist sich weder über die Zielrichtung noch über die konkrete Umsetzung einig – und versucht unter exzessiver Auslegung der Geschäftsordnung einfach durchzutauchen. Was steckt dahinter und warum hat VBGM Mayr im Gemeinderat verhindert, dass die ressortzuständige Stadträtin Bex Antworten auf einfache Fragen geben kann?

  • GRin Mag. Christine Oppitz-Plörer hat in der Sitzung mehrfach versucht, auf die konkrete Frage, wie die rechtliche Ausgestaltung der Vergabe von 100 der insgesamt entstehenden 300 Wohnungen geplant ist, nur ausschweifende Hinweise auf das Grundstück erhalten – und keine Antwort darauf, ob es Mietwohnungen sein werden, die der Stadt gehören, oder private Wohnungen Einzelner, die dann am Markt spekulativ verkauft werden können – zum Marktwert innerhalb der Baurechtsdauer von 100 Jahren.
  • VBGM Mayr hat eine Beantwortung dieser einfachen Frage kalt lächelnd mit einem hinkenden Vergleich auf die Geschäftsordnung abgewürgt – nach der Sitzung war sonnenklar, warum: weil die SPÖ und die Grünen dann öffentlich „erfahren“ hätten, dass es keine Mietwohnungen werden, sondern privates Eigentum im Baurechtswege für 30 Prozent der Wohnungen auf diesem Areal entsteht.
  • Die Alternative Liste ist wohl heute noch im Irrglauben, dass sie einer Mietvariante zugestimmt hätte, die die Wohnungen im Eigentum der Stadt Innsbruck hält.

Insofern hat VBGM Mayr zumindest kurzfristig zu retten versucht, was jedoch schon lange nicht mehr zu retten ist: den Koalitionsfrieden. Die Bruchlinien konnte man bei anderen Tagesordnungspunkten gut erkennen.

„Dass nun ausgerechnet die linken Parteien einer weitreichenden Privatisierung von öffentlichen Flächen zustimmen, überrascht doch sehr. Auch wenn immer wieder betont wird, das Grundstück bleibe in der Verfügungsgewalt der Stadt, ändert das nichts daran, dass durch ein langfristiges Baurecht über viele Jahre (max. 100) Privateigentum außerhalb der städtischen Vergabelisten geschaffen wird. Und das auf einem Areal, das der Stadt Innsbruck gehört und eigentlich für den sozialen Wohnbau vorgesehen war. 33 Prozent der Wohnungen, die auf dieser Fläche entstehen, werden damit über die Baurechtsdauer von vermutlich 100 Jahren der Wohnungsvergabe entzogen“, so Oppitz-Plörer.

„Gerade in einer Stadt wie Innsbruck, in der ohnehin kaum Flächenreserven vorhanden sind, halten wir solche Experimente für nicht zielführend. Das bestehende Bauland wird nicht effizient genutzt – und so geht wertvoller Raum für leistbares Wohnen schlichtweg dauerhaft verloren“, erklärt Oppitz-Plörer weiter.

Koalitionsfrieden statt klarer Linie

Die Debatte im Gemeinderat zeigte deutlich, dass unter dem Begriff „Gemeinschaftswohnformen“ offenbar jeder etwas anderes versteht. Wir fragen uns tatsächlich immer noch, wie intensiv sich die einzelnen Mitglieder der Koalition mit dem Thema auseinandergesetzt haben – bevor sie für die Privatisierung die Hand gehoben haben. Wer da noch von Wohnungsnotstand in Innsbruck sprechen will, macht sich endgültig lächerlich.

„Der Gemeinderatsakt liefert mehr Fragen als Antworten und macht den gesamten Vorgang in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Selbst auf einfache Nachfragen blieben klare Antworten aus – und wurden von der Sitzungsführung von VBGM Mayr aktiv verhindert. Statt einer sachlichen Auseinandersetzung mit Fakten gab es lediglich rhetorische Fouls von Regierungsmitgliedern. Offenbar ist der Preis für den Koalitionsfrieden hoch – zu hoch. Wenn selbst langjährige wohnungspolitische Grundhaltungen über Bord geworfen werden, nur damit der grüne Bürgermeister und seine Partei eine politische Duftmarke ohne Substanz setzen können, dann ist das mehr als durchschaubar.“, schließt Oppitz-Plörer.